Das Internet bietet heute schon Studenten und Wissenschaftlern hervorragende Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten, und hat bei weiterer Ausbreitung auf andere gesellschaftliche Schichten das Potential, ähnliche Auswirkungen auf die Gesellschaft zu verursachen wie Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks. Dadurch wurde Wissen einfacher zugänglich und konnte in großen Mengen gesammelt und an die nächste Generation weitergegeben werden, eine wesentliche Voraussetzung für die technischen, sozialen und kulturellen Veränderungen der letzten Jahrhunderte. Allerdings schränken die Fixkosten dieser Art der Informationsverbreitung den Kreis der möglichen Informationsanbieter ein und machen den Großteil der Gesellschaft zu passiven Konsumenten.
Im Internet dagegen kann jeder Informationen mit geringem Aufwand und zu niedrigen Kosten oder gar kostenlos anbieten und konsumieren, was zu weitreichenden Konsequenzen führen kann. In der Wissenschaft werden heute Publikationen an Verlage weitergegeben, von denen Bibliotheken und andere Wissenschaftler diese erwerben können. Mit minimalen Produktions- und Vertriebskosten könnte dieser Umweg über die Verlage vermieden werden durch direkte Veröffentlichung im Netz und Ankündigung in entsprechenden Newsgroups.
Im Gegensatz zu Büchern, bei denen immer erst eine Mindestauflage verkauft werden muß, um die hohen Fixkosten auszugleichen, können Fehler direkt ohne Schwierigkeiten behoben werden. Rückmeldungen und Reaktionen der Leser sind sehr viel einfacher möglich und können direkt diskutiert werden. Problematisch ist allerdings die Qualitätssicherung und die Sicherstellung des Copyrights, da jeder elektronisch gespeicherte Text beliebig veränderbar ist.
Es stellt sich die Frage, welchen Einfluß die zunehmende Zahl von Nutzern auf Inhalt und Kultur des Internets haben wird.
Unter dem Aspekt des globalen Wissensspeichers wird eine große Zahl von Nutzern vorteilhaft sein. Je mehr Experten zu den verschiedensten Themen am Netz teilnehmen, um so eher wird man eine Antwort auf seine Fragen finden. Für Mailing-Listen und NetNews ist es dabei unerheblich, wie viele diese Dienste nutzen.
Anders sieht es aus bei Informationsservern, die oft in freiwilliger Arbeit betrieben werden und bezüglich der Zugangskapazität ihre Grenzen haben. Eine Explosion der Nutzerzahlen, wie sie derzeit stattfindet, wird zu einer Überlastung einiger Server und zur Einstellung oder Kommerzialisierung bisher freiwilliger Dienste führen.
Da zur Zeit noch eine privilegierte Minderheit der Gesellschaft dieses Mediums nutzt und noch gewisse Zugangshürden zu überwinden sind, ist das Niveau in den Diskussionsgruppen im Usenet relativ hoch (vergleiche ähnliche ,,Bretter`` in privaten Mailboxsystemen wie Fido und Z-Netz). Der Ansturm der neuen Kunden kommerzieller Netzanbieter besonders in den USA deutet aber schon einige Veränderungen an.
Der jetzige Zustand des Internets bzw. der letzten Jahre wird von vielen Internet-Veteranen als ideal betrachtet :
Wesentliche Gefahr für diese Aspekte ist die zunehmende Kommerzialisierung des Internets. Besonders Canter & Siegel, ein Anwaltspaar aus den USA, haben sich einen Namen gemacht, indem sie ohne jede Rücksicht auf die Netiquette Werbung in Tausende von Newsgroups plaziert hatten. Es stellt sich die Frage, ob ein derartiges Regelsystem durch solche schwarzen Schafe nicht in Gefahr gerät. Ebenso fraglich ist, ob Idealismus und Hilfsbereitschaft noch genau so groß sind, wenn für einen Internet-Zugang bezahlt werden muß.
Das Internet steht in den nächsten Jahren vor gravierenden Änderungen, die die Zukunft dieses Mediums wesentlich beeinflussen wird.
Schon heute sind viele Dienste durch die Vielzahl der Nutzer überlastet, die wenigen verbliebenen Nischen außerhalb der Bürozeiten werden bald auch von privaten Anwendern ausgefüllt werden. Die Entwicklung hin zu Multimedia-Anwendungen wird ein übriges tun, die Netze bei den heutigen Übertragungskapazitäten vor Probleme zu stellen. Die ständig anwachsende Datenmenge stellt auch die Suchmaschinen vor Probleme. Bei einem Umfang von jetzt 1,3 GB nur für die Titel der Gopher-Menüs sehen sich schon die Veronica-Betreiber dazu veranlaßt, Richtlinien zur Indizierung von Servern zu empfehlen, um die Datenmenge in Grenzen zu halten.
Einziger Ausweg ist die Verbesserung der Infrastruktur, die aber so hohe Kosten verursacht, daß sie nicht mehr wie bisher ausschließlich durch staatliche Mittel finanziert werden kann. Die notwendige Einbeziehung kommerzieller Geldgeber wird sicherlich einen nachhaltigen Einfluß haben.
Welche Entwicklung das Internet in Zukunft nehmen wird und welche Veränderungen tatsächlich auf die Gesellschaft zukommen, hängt davon ab, welche der verschiedenen Ziele und Vorstellungen von ,,Datenautobahn`` sich durchsetzen wird :
Angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung und der Macht des Geldes in der heutigen Gesellschaft sind Zweifel angebracht, ob sich die Vision eines ,,Mega-Internet`` verwirklichen läßt. Mit einem ,,Mega-Kabelnetz`` läßt sich nun einmal mehr Geld verdienen, zudem ist die Infrastruktur bereits vorhanden bzw. mit vergleichsweise geringem Aufwand realisierbar (Kabel/Satellit mit hoher Bandbreite zu den Haushalten, Telefon mit niedriger Bandbreite zurück).
Der Idealismus, der für ein ,,Mega-Internet`` notwendig ist, ist heute allenfalls in der privaten Mailboxszene zu finden, die in Zukunft sicher einen Zufluchtsort und Gegenpol zu der kommerziellen Vernetzung der Gesellschaft bieten wird.