Entwicklungsgeschichte bis zur heutigen Netzstruktur



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Entwicklungsgeschichte bis zur heutigen Netzstruktur

Das heutige Internet, das sich mit geradezu anarchistischen Merkmalen und Mechanismen unkontrollierbar verbreitet und eine bisher nie dagewesene Freiheit an Kommunikation und Information bietet, ist erstaunlicherweise aus der militärischen Forschung der USA während des Kalten Krieges entstanden.

1962 diskutierte Paul Baran von der RAND Corporation in seinem Report ,,On Distributed Communication Networks``, wie das U.S. Militär sein Kommunikationssystem vor ernsten Zerstörungen durch atomare Angriffe schützen könne. Er schlug ein System ohne zentrale Steuerung und Kontrolle vor, bei dem die überlebenden Knoten in der Lage wären, trotz Ausfalls anderer Punkte Verbindungen aufrecht zu halten. Von Anfang an sollte von einem unzuverlässigen Netzwerk ausgegangen werden.

Wichtigstes Merkmal eines solchen Netzes sollten paketvermittelte Verbindungen sein. Dabei wird jede Nachricht in einzelne ,,Pakete`` mit eigener Adresse aufgeteilt, die unabhängig voneinander ihren Weg durch das Netz zum Empfänger finden und dort wieder zusammengesetzt werden. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, daß die Kapazität einer Leitung auf mehrere Benutzer verteilt und so besser ausgenutzt werden kann. Außerdem kann die Übertragungssicherheit durch redundante Verbindungswege und durch die Möglichkeit der Wiederholung zerstörter oder verlorengegangener Pakete erhöht werden.

Dieses Prinzip wurde von einer Projektgruppe des amerikanischen Verteidigungsministeriums, der ARPA (Advanced Research Project Agency, später in DARPA umbenannt, mit ,,D`` für Defense), verwendet, um zunächst vier Universitäten und Forschungseinrichtungen zu verbinden und so die Großrechnerkapazitäten besser auszunutzen. Der erste Vermittlungsrechner des ARPANETs wurde am 1.9.1969 an der University of California, Los Angeles (UCLA), in Betrieb genommen und bestand aus einem für damalige Verhältnisse leistungsfähigen Minicomputer (Honeywell 516 mit 12 KB Speicher(!) ).

1972 wurde das ARPANET mit inzwischen 40 Rechnern auf der ,,First International Conference on Computer Communications`` erstmals öffentlich vorgestellt. Auf dieser Konferenz wurde die InterNetwork Working Group (INWG) mit dem Ziel gegründet, ein gemeinsames Protokoll für internationale Verbindungen zwischen autonomen Netzwerken zu entwickeln, das unabhängig von der zugrundeliegenden Technologie sein sollte. Es sollte möglich sein, auch über mobile Rechner und Satellitensysteme eine Verbindung mit dem ARPANET zu betreiben. Die daraus entstandene Protokollfamilie TCP/IP löste 1982 das bis dahin beim ARPANET verwendete NCP (Network Control Protocol) ab.

Parallel zu der Entwicklung des ARPANETs wurde in den Jahren 1979-1983 das CSNET (Computer Science Research Network) aufgebaut. Da der Zugang zum ARPANET durch das Department of Defense kontrolliert und beschränkt wurde, entstand das CSNET aus dem Bedürfnis amerikanischer Universitäten, die keinen Zugang zum ARPANET hatten, den damit verbundenen Nachteil bezüglich Forschung und Ansehen (wichtig für die Rekrutierung von Studenten) wettzumachen. Das 1979 bei den Bell Labs von AT& entwickelte Unix-to-Unix-Copy-Protocol (UUCP) ermöglichte dabei eine einfache Datenübertragung mit Hilfe von Modems über das bestehende Telefonnetz. Die Verbindung zum ARPANET über TCP/IP markierte dann einen ersten Meilenstein auf dem Weg zum heutigen Internet. Da TCP/IP kostenlos zur Verfügung gestellt und in das UNIX-Betriebssystem integriert wurde, fand das Protokoll rasche Verbreitung und wurde Anfang der 80er Jahre vom Department of Defense zum nationalen Standard erklärt.

1986 wurde mit dem NSFNET der National Science Foundation ein großer Backbone (,,Rückgrat``) des Internets in den USA in Betrieb genommen, der 1990 die Rolle des aufgelösten ARPANET übernahm.

Die Übertragungskapazität dieses Backbones hat sich von 56 kbit/s (1986) über 1,5 Mbit/s (sog. ,,T1 Backbone``, 1989) auf heute 45 Mbit/s (,,T3``, 1993) gesteigert.

Die Menge der allein über diesen Backbone in einem Monat übertragenen Daten (Abbildung 2.1) ist nur ein Bruchteil dessen, was im ganzen Internet bewegt wird, zeigt aber sehr gut die Entwicklung (man beachte die Dimensionierung der y-Achse!):

  
Figure: Verkehr über den NSFNET Backbone

Das exponentielle Wachstum spiegelt sich besonders in der Zahl der ans Internet angeschlossenen Rechner (Hosts) wieder, die in der Abbildung 2.2 für verschiedene Zeitpunkte dargestellt ist. Diese Zahlen werden von einem Programm geliefert, das den Domain Name Server (2.2.2) durchsucht (ZONE, RFC 1296 (zu RFC siehe 2.2.3)) und so eine gute Annäherung an die tatsächliche Anzahl erreicht. In den letzten Jahren hat sich demnach die Zahl der Hosts jedes Jahr fast verdoppelt!

  
Figure 2.2: Zahl der an das Internet angeschlossenen Rechner

Die Angaben über die Anzahl der Teilnehmer, die immer wieder genannt werden, sind dagegen Schätzungen, bei denen man von einer bestimmten Anzahl Nutzer pro Host ausgeht. Bei einer Annahme von durchschnittlich 10 Nutzern pro Host kommt man so auf 20 Millionen Teilnehmer.

Sowohl durch die steigende Zahl der Teilnehmer als auch durch die immer anspruchsvolleren Dienste wachsen die Anforderungen ständig. Mit der Weiterentwicklung der bisherigen Netzinfrastruktur zu einem Gigabit-Netzwerk, das mit dem NREN-Programm (National Research and Education Network) unter Mitwirkung mehrerer Organisationen wie DARPA und NSF derzeit in den USA verwirklicht wird, soll diesem Trend in den nächsten Jahren begegnet werden (,,Datenautobahn``).



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Mon Oct 31 16:34:47 MET 1994