Das Internet als Unterhaltungsmedium



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Das Internet als Unterhaltungsmedium

 

Schon im ersten Jahr nach dem Aufbau des ARPANETs gab es die erste Mailing-List ,,sf-lovers`` (Science-Fiction-Lovers), und heute dient eine sicherlich nicht unerhebliche Menge der im Internet transportierten Daten der Unterhaltung.

Der Informationsgehalt eines Bildes, das den Füllstand einer Kaffeemaschine in Cambridge zeigt, ist sicherlich genauso gering wie der Sinn eines WWW-Taschenrechners, bei dem jede Eingabe über den Atlantik (zur NASA!) geht, wo dann die Ausgabe berechnet wird.

Zwei große Spielzeuge sollen im folgenden vorgestellt werden. Noch mehr als die faszinierende Informationsvielfalt kann die Beschäftigung mit diesen Spielzeugen zu Suchterscheinungen führen, und unabhängig von weiteren sozialen Aspekten (siehe Kapitel 5) geht bei fehlender Selbstdisziplin enorm viel Zeit dabei verloren.

Multi User Dungeon

MUDs (Multi User Dungeon, das D steht oft auch für Dialogue, Dimension, etc.) sind die Erweiterung herkömmlicher Adventure- Spiele auf eine Vielbenutzer-Umgebung.

Im Unterschied zu IRC (4.1.4) ist ein solches Vielbenutzer-Spiel allerdings auf einen zentralen Server begrenzt, zu dem die Spieler über Telnet oder einen geeigneten Client Kontakt aufnehmen müssen.

Wie bei gewöhnlichen Adventure-Spielen kann sich der Spieler mit einer Phantasiefigur durch Räume bewegen, Objekte untersuchen und Rätsel lösen, bei einigen MUDs kann er selbst neue Räume und Objekte erfinden, d.h. programmieren, so daß das Spiel ständig erweitert wird. Darüber hinaus kann er sich mit anderen Spielern unterhalten, nach Tips fragen oder sich gemeinsam durch die Phantasiewelten bewegen.

Es gibt viele verschiedene Varianten von MUDs, wie z.B. LPMUDs, die klassischen Rollenspielen ähneln, oder TinyMUDs, die mehr unterhaltungs- als spielorientiert sind. Die Umgangsformen zwischen den Spielern reichen dabei von ,,freundlich, hilfsbereit`` bis zum ,,player killing``.

Obwohl fast alle MUDs textbasiert sind und nur wenige Spiele dieser Art auch graphische Fähigkeiten bieten, scheint diese Art der Kommunikation mit anderen Spielpartnern einen besonderen Reiz auszuüben. Beispielsweise mußte das im Januar 1990 eröffnete MUD Islandia im November 1990 wieder geschlossen werden, weil die Zahl der Spieler inzwischen auf 3271 und die Zahl der Räume auf über 14900 angewachsen war. An der Uni Erlangen wurde ein MUD eingestellt und das Spielen von MUDs generell verboten, nachdem festgestellt wurde, daß einzelne Studenten bis zu 12 Stunden täglich damit verbracht hatten.

Im August 1993 wurden weltweit 176 MUDs in 18 verschiedenen Varianten gezählt.

Zwar sind MUDs noch deutlicher als IRC als ,,Spielplatz`` konzipiert, aber ebenso sind auch andere Anwendungsmöglichkeiten denkbar, z.B. als Telekonferenz oder gemeinsame Arbeitsumgebungen für weit entfernte Nutzer. Die Entwicklung wird in dieser Richtung aber zu graphischen Oberflächen gehen.

Den Trend zum Massenmarkt hat AT& in den USA erkannt und plant MUD-ähnliche ,,Virtual Realities`` als fundamentalen Teil der Strategie zur Entwicklung einer Infotainment-Industrie.

Multimedia

Obwohl Multimedia durchaus sinnvoll für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt werden kann, werden im Internet riesige Mengen an Bildern, Sounddateien und sogar Videos gespeichert und übertragen, die lediglich dem persönlichen Vergnügen dienen.

Erstaunlich viel Speicherkapazität auf der ganzen Welt wird zum Speichern von eingescannten Fotos beliebiger Art verwendet, und mehr als 25% des im Usenet transportierten Verkehrsvolumens wird durch Bilder und Sounds verursacht. ,,Ein Bild sagt mehr als tausend Worte``, doch benötigt es auch ein Vielfaches des Speicherplatzes.

Offenbar üben Bilder auf einem Computer einen besonderen Reiz aus, denn jeder Bildband aus der Buchhandlung bietet derartiges in einer deutlich besseren Qualität.

Das gilt besonders für digitalisierte Videos, die auch im Internet zu finden sind. Das MPEG-Kompressionsverfahren sorgt zwar für eine deutliche Reduktion der Datenmenge, doch sind solche Videos immer noch zwischen einigen hundert KB und 10 MB (gefundene Dateigrößen) lang und bieten doch nur eine Spielzeit von wenigen Sekunden bis Minuten. Zudem ist die Qualität deutlich schlechter als auf einem analogen Video, so daß man sich überlegen sollte, ob man dafür mehrere MB übertragen will.

Auch für Sound- und Musikfans bietet das Internet eine große Spielwiese. Von allen möglichen menschlichen Urlauten und Aussprüchen bis hin zu kompletten Musiksongs (ca. 3MB für 5 Minuten!) reicht die Palette, der Gipfel der Verschwendung von Übertragungskapazitäten ist aber das Internet Talk Radio. Eine halbstündige Radiosendung führt zu einem Datenvolumen von einigen MB, verglichen mit dem einfachen und unkomplizierten Empfang über einen Rundfunkempfänger ein unnötiger Aufwand.



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Mon Oct 31 16:34:47 MET 1994